NEW SPECTRA*PARIS INTERVIEW!!! - 6 November 2008

Folgendes Interview führte meine PromoFabrik mit der Kirlian Camera-Schönheit zu ihrem Projekt Spectra Paris:

Leo: Hallo Elena, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst, um uns hier Rede und Antwort zu stehen!
Elena: Das tue ich wirklich sehr gerne!

Leo: Spectra*Paris ist dein neues Baby. Als ein Nebenprojekt neben Deiner Arbeit bei Kirlian Camera. Warum wolltest du musikalisch ganz auf eigenen Füßen stehen?
Elena: SPECTRA*paris sollte nicht als ein Side-Project von KC angesehen werden. Diese Band ist entstanden, selbständig zu bestehen. Ihre Seele ist viel rockiger und die glamouröse Grundlage dieser Gruppe wäre ziemlich lächerlich, wenn man sie einem solch bedeutenden "Gerät" wie KC "anzöge". Es ist allerdings natürlich, dass man ab und zu Analogien oder ähnlichkeiten findet, da beide Projekte dem selben Ursprung entstammen. Aber im Wesentlichen handelt es sich um eine "Entgleisung", die aus dem Bedürfnis entstanden ist, meine andere Seite herauszulocken, nämlich die, welche meines Erachtens das Wesen von KC "beschädigen" würde.

Leo: Welchen Grund gab es, Siderartica zu beenden und eine komplett neue Band zu gründen?
Elena: Siderartica wurde mehr und mehr ein zu "enges Kleidungsstück". Ich denke, dass ich niemals bedauern werde wie ich diese "Kreatur erzogen" habe, aber damit weiterzumachen, hätte meine eher rockige Seite, die ich auszudrücken gedenke, nur eingeschränkt. Ich spüre nun eine neue Leidenschaft, in Begleitung mit großem Vergnügen. Ich bin realistisch, und ich kann nicht mit "alten Liebschaften" leben. Vieles hat sich verändert, aber meine elektronisch/melodische Seele wird sicherlich keinen Schaden dabei nehmen.

Leo: Deine Musik verbindet Schönheit und Glamour mit Schmerz, Terror und Aggression – ein Widerspruch in sich. Das zeigt sich ja auch schon im Name Spectra*Paris. Warum benutzt die diese Ambivalenz?
Elena: Das ist für mich das Wesentliche bei diesem Projekt. Es ist der Kern der selbigen Geschichten, welche ich im Album erzähle. Alle glauben zu wissen, wo sich das Gute und das Schlechte befinden. Es sieht einfach aus, sich prompt auf die eine Seite zu stellen und die andere zu verurteilen; oder, die Menschen machen aus allen Informationen eine Etikette, wie die Preisschilder, welche man auf Dosen findet. Auf diesem Weg, verschwinden alle Möglichkeiten jedweglicher Handlungsformen. Jede Wahrheit trennt sich von der anderen und wird zu einer neuen Lüge, welche wir uns im Alltag erzählen, bis sie uns besitzt und wir selbst daran glauben. Wir gewöhnen uns daran, dass die Dinge so laufen; es wird eine Gewohnheit, aus der wir schöpfen, als wäre es ein natürlicher Brunnen eines rechtmäßigen, sozialen Verhaltens. Und genau das macht mich verrückt. Wie mich auch verrückt macht, dass es wohl seltsam und außergewöhnlich erscheint, wenn man über das Leiden von "oben" erzählt, aus einem prunkvollen Paar Stiefel mit hohen Absätzen. Aber genau das ist es, was mir gefällt und ich sehr gerne tue: das Vermischen von Hoffnung mit Entsetzen, Monster in einer Boutique von Armani ins Leben zu rufen, die Zeitschrift "Vogue" zu lesen, ohne dabei jemals den inneren Schrecken, den ich empfinde, außer Acht zu lassen. Das Herz und der Verstand müssen lernen, sich mit neuen Mitteln der Interaktion zu verständigen, keinesfalls durch falsche Moralvorstellungen beeinflußt sein, denn diese sind nur nichtsbringende Zeitverschwendung..... Willkommen in einem spectralen Paris!

Leo: Wo bekommst Du die Inspiration für diese sehr gehaltvollen und tiefsinnigen Texte und Themen?
Elena: Ich danke dir! In vielen Zeitspannen meines Lebens, überfallen mich aufdringliche Gedanken. Es vergehen Wochen, Monate, manchmal sogar viele, aber diese Gedanken verschwinden nicht, im Gegenteil, sie vermehren sich. Also füge ich sie einfach zusammen, bis ich eine gemeinsame Linie habe, aus der sich eine gesamte Skala von Ideen entwickelt. Deshalb ist jedes einzelne Album ein Kapitel aus Handlungen, welches sich aus denselbigen entfaltet. Es ist nicht wichtig für mich, dass in allen Liedern eine musikalisch einheitliche Stilform zu hören ist, sondern dass jedes Stück einem einzig logischen Gedankengang entsprang.

Leo: Deine Musik kombiniert typische Kirlian-Camera-Elemente mit Popgefühl und rockigen Riffs im Stil des Glam-Rock. Arbeitest Du allein im Studio oder lädst Du Dir Kollegen für Sessions ein? Erzähl mal ein bisschen, wie Du mit Spectra*Paris arbeitest...
Elena: Im Moment habe ich viel alleine gearbeitet, habe aber aus dem wertvollen Unterricht, den ich in all den letzten Jahren durch Angelo Bergamini geniessen durfte, vieles verwerten können. Für zwei Lieder meines ersten Albums, hatte ich die Zusammenarbeit zweier Gruppen, die ich persönlich sehr schätze und respektiere, nämlich die Italiener "Dope Stars Inc." für das Lied "Size Zero" und die Argentiner "Punto Omega" für das Lied "Falsos suenos". Was den Rest angeht, so habe ich mit recht alten, nicht aufwendigen, elektronischen Geräten gearbeitet. Ich habe mich größtenteils selber aufgenommen, manchmal sogar auf Tonband und habe dann alles alleine gemischt, um es dann zum Schluss digital zu "säubern". Am Ende kam noch eine sehr spaßige Angelegenheit auf mich zu, nämlich die Gestaltung der Grafiken für die CD. Ich erfand eine Reihe von Comics, um meine "düsteren" Tendenzen zu entschärfen. Dies hat mich so sehr eingenommen, mehr als gewollt und geplant, dass ich vorhabe, diesen Stil auch für die nächsten Arbeiten für S*p beizubehalten!

Leo: Deine erste CD "Dead model’s society". Wie kam es zu dem Namen, bei dem sich mir die Assoziation zu "Dead poet’s society" ("Club der toten Dichter") aufdrängt?
Elena: Reiner Zufall! Und etliche haben mich bereits auf diese Parallele angesprochen! Wenn ich etwas mehr auf meine "Außenwelt" aufgepasst und mich weniger auf meine Ideen konzentriert hätte, so wäre mir das sicherlich aufgefallen...Allerdings muss ich jetzt sagen, wenn ich Vergleiche ziehe zu meinem "Homicide club" und zu "Dead poet’s society", so finde ich, dass es gewisse analoge Parallelen gibt: eine elitäre Gesellschaft, welche uns dazu dienen sollte, der Dummheit und dem Verbrauch entgegenzutreten, um dafür guten Menschenverstand und Bewußtsein zu entwickeln. Bei S*p, anders als bei "Dead poet’s society", macht man auf recht frivole Weise, seltsame Begegnungen, die nicht in einer geheimen Grotte stattfinden, sondern in virtuellen Sphären, welche gleichermaßen zornig und absonderlich sind, aber auch erotisch und tödlich.

Leo: Deine Musik ist schwer mit irgendwem anderen zu vergleichen – was ich als sehr gut empfinde. Was hat Dich beeinflusst und was sind die Helden für Spectra*Paris?
Elena: Ich habe viele gute Beispiele, aber sie spielen alle kein Instrument. Die Musik ist für mich ein geistesverwandtes Mittel, um meinen Gedanken freien Lauf zu lassen, aber meine Vorbilder sind nicht hier zu suchen. Ich bin eher von denen inspiriert, die auf geistigem Niveau reden, die über die Logik des "Gut-Seins" gehen, weil sie lehren, für die richtige Ursache zu kämpfen, welche einzigartig, objektiv und unvorstellbar ist. Jesus war einer von diesen, Maxfield Parrish, welcher es geschafft hat, das Paradies zu malen, war auch einer von diesen, aber es gäbe noch viele andere, die man nennen könnte. Ich konzentriere mich auf diese und gehe weit über die Verlegenheit hinaus, ein Mensch zu sein...!

Leo: Als Du mit Spectra*Paris angefangen hast, hattest Du da schon diesen Sound und Stil vor Augen (Ohren), oder haben sich die Songs und das Konzept erst im Schaffensporzeß selbst entwickelt? Ich meine, Siderartica hatte einen rechts entspannten Drum’n Bass und Minimal-Electronika-Appeal und das hat sich ja vollständig geändert...Absicht?
Elena: Als ich mit dem ersten Album von S*p anfing, war ich noch davon überzeugt, am dritten Album von Siderartica zu arbeiten, darum war ich selbst noch unwissend über das, was ich da eigentlich tun würde! Die "Triebfeder" kam erst, als faszinierende Modelle mit der Größe "Zero" in meinem Kopf und in meinen Händen Form angenommen haben. Tatsächlich, habe ich, als ich mit der grafischen Arbeit für dieses Album begann, eine neue Welt vor mir gesehen, die voller Funken und blutüberströmten Markenkleidern ist, welcher Siderartica nicht bereit war entgegenzutreten. Und mit der Angst, die jemand besitzt, der genau weiß, dass er etwas verlieren könnte, habe ich mich entschieden, den "alten" Weg zu verlassen.

Leo: Wie sehr hat sich Kirlian Camera und vor allem Angelo beeinflusst, der Dir bei der Produktion zur ersten Spectra*Paris geholfen hat?
Elena: Auf der einen Seite bin ich diejenige, die ausschließlich an diesem Projekt gearbeitet hat, vor allem, was die Produktion angeht. Dennoch muss ich sagen, dass die Zugehörigkeit zu KC für mich die Bedeutung hat, als lebte ich in einer parallelen Welt zur Erde. Hier befinden sich meine Träume, meine Hoffnungen, die Freuden des Lebens, aber auch die Bosheit, bei denen ich fühle, dass ich sie mit dem Publikum teilen muss. Deshalb ist es nicht sehr leicht, diese zweite Haut und diese großartige Erfahrung abzulegen, denn sie kann durchaus bedeutungsvolle Linien für neue Ereignisse vorzeichnen. Aber ich fühle mich ein wenig wie eine Schauspielerin, die, obwohl sie den Rollen gemäß ihr Make-up verändert, sich abschminkt, bevor sie sich schlafen legt und sich unvermeidbar vor das gleiche Gesicht wiederfindet!

Leo: Wird es bald ein neues Album geben? Was sind Deine Pläne für die Zukunft, kannst Du uns schon was aus dem Nähkästchen plaudern?
Elena: Es ist bereits ein neues Album geplant und angefangen! Ich kann dir nur voraussagen, dass der mutige James Bond diesmal mit den verrückten Hitzköpfen von "Death Records" zu tun hat, die, wie man weiß, vielerlei Unfug und Schlamassel treiben! Mit wenigen Worten, Spionage über verschiedene Diebstähle, die viele Labels verursachen –auch dies weiß jeder- wird das neue "Gericht" werden auf dem "Menü des Hauses" Spectra! Ich kann auch hinzufügen, dass die Gitarren etwas sparsamer verwendet werden, als beim letzten Album.

Leo: Du hast eine sehr beeindruckende Live-Show auf dem Amphi-Festival hingelegt, die ich dort das erste Mal erleben durfte. Du unterstützt die Musik mit sehr sehr beeindruckenden Videoprojektionen – wo bekommst Du dafür die Ideen her??
Elena: Selbstverständlich ist das Video ein Teil dieser logischen Verwicklung von Schönheit, Zynismus, Ironie, Blut, Erotik, Grausamkeit und Tod. Deshalb fängt es mit prunkvollen Laufstegen an, auf denen faszinierende Modelle traumhafte Kleider tragen und alle großen Sternchen sich überaus stilvoll darstellen, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich tödliche Grausamkeit in die Handlung vermischt und die Aufmerksamkeit auf eher zynische, vernichtende Episoden gelenkt wird.

Leo: Planst Du öfters live aufzutreten oder ist Spectra*Paris nur für ganz einzelne und exklusive Auftritte zu haben?
Elena: S*p soll und will ohne Einschränkungen auftreten. Momentan sind verschiedene Einzelkonzerte in unterschiedlichen Orten geplant, aber die Idee einer Tour könnte auch schon in Kürze zustande kommen. Deshalb ist es wichtig, mit guten und bedeutenden Leuten zu arbeiten, die sich damit zufrieden geben, gerade das Wenige zu stehlen, um sich "schlau" zu fühlen, d.h. etwas weniger als üblich!

Leo: Wirst Du Dich Live und im Studio in Zukunft auch von Gastmusikern unterstützen lassen? Und wenn ja, wer würde Dir denn da so vorschweben?
Elena: Mit der Zeit ist mir bewusst geworden, dass je wichtiger die Leute sind, desto weniger zicken sie herum. Das ist eine mathematische Gleichung! Man sollte immer bei sog. "Dorfprotagonisten" Zweifel erheben, bei solchen, die wegen einem blöden Mist, hundert Platten mehr verkauft haben, als du selbst: diese sind wirklich gefährlich und sie werden dich die Mitwirkung teuer bezahlen lassen! Darum, sollte ich die Möglichkeit haben, von einer berühmten Persönlichkeit Unterstützung zu bekommen, würde ich Kraftwerk, Pink Floyd, Ultravox oder Marc Almond wählen!

Leo: Hattest Du mit so einer guten Resonanz auf Spectra*Paris gerechnet?
Elena: Nein!

Leo: Ein Wort zu Siderartica – ist dies tot und vergangen oder hältst Du Dir das Ende offen, um irgendwann mal wieder eines dieser genialen Alben in diesem Stil zu machen?
Elena: Ich kann nicht einmal vorhersehen, was mich persönlich betrifft. Ich würde sagen, dass dieses Projekt sich im Moment in einer Art "glücklichem Winterschlaf" befindet. Aber ich bin immer ich, und wenn ich irgendwann einmal die Lust haben sollte, ein Stück à la "Siderartica" zu schreiben, kann mir das keiner verbieten, nicht einmal dann, wenn meine Band "Maria Stuart in einer blauen Karrosse" heißen sollte!

Leo: Woher nimmst Du die Zeit für all die vielen Sachen, die do so parallel machst: Kirlian Camera, Spectra*Paris, Videoschnitt, Coverentwürfe ... hab ich was vergessen???
Elena: Mein Zwilling Alice....Ich hole sie bei Bedarf aus dem dunklen Kellerloch!

Leo: Ich danke Dir, Elena, dass Du heute Zeit hattest, mir ein paar neugierige Fragen zu beantworten und wünsche Dir auf allen Wegen viel Erfolg!
Elena: Ich danke dir, Leo, dafür dass du mich eingeladen hast! Und nicht weniger, danke ich all den Menschen, die mir heute ihre Zeit gewidmet haben!

  • Leo

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